Interview: Im Dialog mit den Benetics Gründern

Im Juli 2022 fanden sich Ferdinand, Johan und Aaron zur Gründung des Software Startups Benetics zusammen. Ihr ambitioniertes Ziel: Nicht eine Evolution, sondern eine Revolution der Bauindustrie durch Digitalisierung. Keiner von ihnen wusste damals, in welche Richtung sich eine anwenderorientierte Software für die Baubranche bewegen sollte. Heute zählt Benetics mit seinem Sitz in Zürich rund 15 Mitarbeitende und zahlreiche Kunden aus unterschiedlichen Baustellen-Gewerken. Erfahren Sie im Interview mit den drei Gründern, was es mit Benetics heute auf sich hat – und wohin die Reise morgen gehen könnte.

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V.l.n.r.: Johan Tibell (CTO; Schwerpunkt Concept und Delivery), Ferdinand Metzler (CEO), Aaron Shon (CSO; Schwerpunkt Concept und AI)

Benetics hat nun den zweiten Jahreswechsel hinter sich. Wie habt Ihr die Festtage gefeiert?

Ferdinand: Im Team, und zwar einem richtig tollen Team. An unserem ersten Weihnachtsessen in 2022 sassen wir noch zu viert am Tisch. Jetzt waren wir 14 Personen. Das ist eine der wenigen Gelegenheiten, bei denen wir uns über steigende Firmenausgaben freuen.

Johan: Abgesehen vom Essen hat auch das Weihnachtswichteln in der gewachsenen Runde mehr Spass gemacht.

Aaron: Und wir haben an dem Abend so gut wie gar nicht über die Arbeit gesprochen. Das kommt sonst nicht oft vor.


Und damit kommen wir auch schon zum Thema: Die Arbeit. Auf dem Markt gibt es eine Vielzahl von Bausoftware – und Digitalisierung ist überall ein Thema. Was macht Benetics besonders?

Ferdinand: Ja, Software für die Bauindustrie erlebt seit einigen Jahren tatsächlich einen starken Aufschwung. Neue Angebote spriessen aus dem Boden wie Pilze im Herbst. Das ist erfreulich, weil sich in der Baubranche lange Zeit nur wenig in Sachen Digitalisierung getan hat. Gleichzeitig müssen wir aber auch feststellen: Zwischen dem, was angepriesen wird, und dem, was wirklich auf der Baustelle ankommt, klafft oft eine grosse Lücke.


Wie meinst Du das?

Ferdinand: Ein Grossteil der Software richtet sich an das Management und die Vereinfachung administrativer Prozesse im Büro. Was bei der digitalen Transformation jedoch mit viel zu wenig Aufmerksamkeit bedacht wird: Die Bauarbeiter vor Ort auf der Baustelle. Das ist bemerkenswert, da sie den Grossteil der am Bau Beteiligten ausmachen. Auf den Projektmanager eines mittelständischen Betriebs kommen im Schnitt bis zu fünf Bauarbeiter - und zwar pro Baustelle. Hier entstehen auch die meisten Kosten. Wenn jeder einzelne Bauarbeiter seine oder ihre Arbeit schneller, besser, fehlerfreier machen kann, dann profitiert das ganze Bauprojekt davon. Darin steckt enorm viel ungenutztes Potential. Unsere Software stellt daher die Bauarbeiter mit ihrer täglichen Arbeit in den Mittelpunkt. Das unterscheidet uns von den meisten anderen Anbietern.


Welche spezifischen Herausforderungen seht Ihr in der Bauindustrie und wie geht Benetics diese an?

Johan: Die Baubranche ist ein Labyrinth aus Komplexität, geprägt von Zeit- und Kostendruck. Sie ist unglaublich planungs- und arbeitsintensiv, mit einer Vielzahl von Akteuren, die wiederum alle unterschiedliche Bedürfnisse haben. Nicht zuletzt spielen auch Sicherheits- und Haftungsfragen eine grosse Rolle. Wir streben danach, dieses Netz zu entwirren, indem wir Technologie für ein effizienteres Arbeiten von jedem Einzelnen einsetzen.

Aaron: Die Arbeitsproduktivität im Baugewerbe ist seit 25 Jahren im Vergleich zu anderen Branchen nur unterdurchschnittlich gestiegen, in einzelnen Gewerken stagniert sie sogar bestenfalls. Mit Blick auf aktuelle Herausforderungen wie Kostensteigerungen, wirtschaftliche Unsicherheit, Materialknappheit und Nachhaltigkeitsaspekte können wir uns damit nicht zufriedengeben. Die Branche muss besser werden, wir müssen besser werden. Eingebettet in das umfassende Ökosystem Baustelle liefert unsere Software einen wichtigen Beitrag dazu.

Ferdinand: Hinzu kommen der demographische Wandel und der Fachkräftemangel. Es wird zunehmend schwieriger, ausreichend qualifizierte Arbeitskräfte auszubilden und zu rekrutieren. Unternehmen, die unsere Software nutzen, gewinnen einen Wettbewerbsvorteil bei der Suche und Bindung von Fachkräften. Wir machen die Arbeit effizienter und für junge Arbeitskräfte attraktiver.

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Und wie genau kann Technologie die Effizienz auf Baustellen vorantreiben?

Johan: Unsere Plattform ist wie das Nervensystem einer Baustelle, das Wissen, Aufgaben und Kommunikation nahtlos verbindet. Mit Benetics lassen sich zum Start eines Projekts alle wichtigen Informationen zentral erfassen, die anschliessend jederzeit und von überall aus verfügbar sind und im Projektverlauf mitwachsen. Das kommt den einzelnen Bauarbeitern, ihren Gewerken und auf Wunsch der gesamten Baustelle zugute. Wir erleichtern, stärken und emotionalisieren die Zusammenarbeit.

Aaron: Stellen Sie sich vor, Sie könnten Fotos oder Videos von einer Baustelle machen und automatisch Fortschrittsberichte sowie noch offene Aufgaben daraus ableiten. Oder denken Sie an ein lernendes System, das genau weiss, zu welchem Zeitpunkt es einen Bauarbeiter ansprechen kann, ohne ihn bei der Ausführung einer aktuellen wichtigen Aufgabe zu unterbrechen. Aus einer Vielzahl von einzelnen Datenpunkte lassen sich dank künstlicher Intelligenz Muster erkennen und analysieren, die zu einer Verbesserung des Status quo beitragen. Dazu gehören auch eine vereinfachte Materialbestellung und automatisierte Just-in-time-Logistik.


Welche Funktionen bietet Benetics bereits heute an?

Johan: Was Benetics heute leistet ist das Ergebnis intensiver Gespräche mit zahlreichen Kunden. Zu den am meisten genutzten Werkzeugen zählen die digitale Ansicht und Verteilung von Plänen sowie die Erstellung, Zuteilung und das Nachverfolgen von geplanten Aufgaben und unerwarteten Pendenzen. Auch die Erstellung von Berichten und Rapporten direkt vom Smartphone aus wird immer mehr geschätzt, weil dadurch enorm viel Zeit gespart wird. Für uns ist zentral, dass die Software intuitiv genutzt werden kann, sich also jeder ohne zeitraubende Schulung ab Tag eins zurechtfindet. Den vollen Umfang der Funktionen zeigen wir gerne in einer Demo >> auf.


Und wie geht Ihr im Dickicht der Baustelle mit den unterschiedlichen Bedürfnissen verschiedener Gewerke um?

Ferdinand: Wir gehen in jedes Gespräch zur Bedürfnisanalyse als wäre es das wichtigste – unabhängig davon, ob wir mit einem CEO oder Lehrling auf der Baustelle sprechen. Wir sehen mit den Augen und hören mit den Ohren unserer Kunden, bevor wir unsere eigenen Köpfe einschalten. Erst wenn wir den echten Kern einer Herausforderungen verstanden haben, entwickeln wir einen Lösungsansatz. Oft ergeben sich daraus ganz überraschende Wege, die schnell als Verbesserung des Status quo einleuchten.

Johan: Unser Ansatz ist einfach: ständiges Feedback. Sobald ein Kunde ein neues, für sein Gewerk spezifisches Anliegen anmeldet, stehen wir mit ihm in regelmässigem Austausch. Hierfür haben wir einzelne Entwicklungspartnerschaften aufgebaut, bei denen wir mit wöchentlichen Feedbackschleifen arbeiten. In der Software-Branche nennt man dieses Vorgehen Sprints.


Bauarbeiter, Vorarbeiter, Projektleiter und Manager – Wie gewährleistet Benetics, dass die Erwartungen aller beteiligten Hierarchien erfüllt werden?

Ferdinand: Das tiefe Verständnis der Herausforderungen – der sogenannten “Pain Points” – von Bauarbeitern, Vorarbeitern und Teamleitern ist entscheidend für unsere Produktentwicklung. Ein Beispiel dafür ist die Vielzahl von Sprachen, die auf Baustellen von Mitarbeitern unterschiedlicher Herkunft gesprochen werden. Damit es zu weniger Missverständnissen zwischen ihnen und dem Management kommt, haben wir in unsere Chat-Funktion automatische Übersetzungen integriert. Ein anderes Beispiel für eine bessere Kommunikation zwischen Bauarbeiter und Management: In bestimmten Situationen ist es für Bauarbeiter unpraktisch, Nachrichten über die Tastatur auf dem Handy einzutippen. In unserer App können sie eine Sprachnachricht aufnehmen, aus der wir mit unserer “Voice to text”-Funktionalität automatisch eine textliche Zusammenfassung erstellen. Und dann gibt es natürlich noch die Kernfunktionalitäten als solche: Die Bauarbeiter haben stets den Überblick über ihre Aufgaben mit allen relevanten Informationen. Die Teamleiter wiederum sehen in Echtzeit, was noch offen, bereits abgeschlossen oder umzuplanen ist.

Aaron: Mittelfristig ist es unser Ziel, Komplexität mithilfe von automatisierter Datenanalyse drastisch zu reduzieren – das kommt allen Beteiligten der Bauindustrie zugute. So soll die Software beispielsweise Pläne eigenständig verstehen können, um daraus automatisch Vorschläge für Aufgaben abzuleiten, diese einzelnen Gewerken oder Mitarbeitern zuzuweisen und die Materialbestellungen zu automatisieren. Das spart Zeit, Geld und reduziert Fehlerquellen.


Welche Strategien verfolgt Ihr, um langfristige Kundenbeziehungen aufzubauen?

Ferdinand: Wir setzen auf einen direkten, unkomplizierten, partnerschaftlichen Ansatz. Die Nähe zu unseren Kunden ist uns wichtig. Verlässlichkeit und Beständigkeit sind Werte, die wir hochhalten. Langfristige Beziehungen basieren auf Vertrauen, und Vertrauen muss man sich hart erarbeiten. Genau das tun wir.

Aaron: Was die Entwicklung von wegweisenden Funktionalitäten betrifft, sind wir ebenfalls am Puls der Zeit. Künstliche Intelligenz wird Baustellen und die gesamte Baubranche in einem Ausmass revolutionieren, wie wir es uns heute kaum vorstellen können. Unser Team haben wir entsprechend mit diesen Kompetenzen aufgestellt. Wir wollen unsere Kunden und die Baubranche insgesamt in eine bessere Zukunft führen.


Welche Strategien verfolgt Ihr, um langfristige Kundenbeziehungen aufzubauen?

Ferdinand: Wir stehen am Anfang einer Revolution, in der Produktivität, Effizienz und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen. Es gibt enormes Potenzial, aber nicht alles geht von heute auf morgen. Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut. Wir sehen uns als aufmerksamer Beobachter und intelligenter Taktgeber. Und wir stellen uns auf eine lange und spannende Reise mit unseren Partnern ein.

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