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Roland Berger trifft Benetics: Das ganze Interview

Die internationale Unternehmensberatung Roland Berger hat bei uns nachgefragt. Erfahre hier, wie unsere Gründer Ferdinand und Aaron die Baubranche heute und in Zukunft sehen.
Anmerkung: Das Interview wurde in englisch auf der Roland Berger Website publiziert. Hier ist die deutsche Übersetzung.

Eine neue digitale Lösung soll die Kommunikationslücke zwischen Büro und Baustelle schliessen

Benetics bietet eine digitale Lösung, die das Management und die Arbeiter vor Ort auf der Baustelle besser verbindet. Ziel ist es, Zeit zu sparen, die Produktivität zu steigern und wertvolle Daten zu sammeln, um Entscheidungen des Managements zu unterstützen.

Willkommen im Construction Startup Radar! Bitte stellt Euch und Euer Team vor.

Ferdinand Metzler: Ich bin Ferdinand, gebürtiger Österreicher und CEO von Benetics. Nachdem ich mein letztes Start-up an einen grossen Online-Händler verkauft hatte, habe ich vor zwei Jahren Benetics in Zürich zusammen mit Aaron Shon, unserem CSO, und Johan Tibell, unserem CTO, gegründet.

Könnt Ihr Euer Unternehmen und das Geschäftsmodell beschreiben? Wie unterscheidet Ihr Euch von ähnlichen Startups?

Ferdinand Metzler, Gründer & CEO

Ferdinand: Es gibt eigentlich kein „ähnliches Startup“. Das mag kühn klingen, aber wir haben mit Benetics eine Nische gefunden. Unser Ziel ist es, das Management und die Ausführung von Bauprojekten grundlegend zu digitalisieren. Es gibt bereits andere bekannte Startups und einige Scale-ups in diesem Bereich, die sich auf das übergeordnete Bauprojektmanagement konzentrieren und grosse Bauunternehmen mit mehreren Hierarchien ansprechen. Sie haben jedoch oft Schwierigkeiten, die Arbeiter vor Ort zu erreichen. Wir nennen sie «Die Macher der Baustelle». Sie machen den Grossteil der Bauindustrie aus und haben andere Bedürfnisse als das Management. Unsere App bietet ihnen Lösungen, um ihre Arbeit zu vereinfachen, Zeit zu sparen und die Produktivität zu steigern. Gleichzeitig sammeln wir wichtige Daten vor Ort, die Führungskräften wertvolle Inhalbe für Entscheidungen geben. Stellt Euch vor, man baut eine Brücke: Je solider die Pfeiler, desto grösser der Spielraum für Innovationen bei den Verbindungen und in der Gesamtstruktur.

Aaron Shon: Unsere Lösung beinhaltet eine Handy-App für die Arbeiter vor Ort und eine Desktop-Anwendung für die Büroangestellten und Projektleiter. Diese benutzerfreundlichen Tools verbinden das Büro mit der Baustelle, indem sie Zugriff auf die neuesten Pläne, die Verwaltung von Aufgaben, die Mängelverfolgung und Berichterstattung ermöglichen. Es sind verschiedene KI-Lösungen integriert, wie zum Beispiel der Benetics Sprachassistent, den unsere Kunden als echten Game-Changer bezeichnen. Er wurde in enger Zusammenarbeit mit Handwerkern wie Elektrikern, HLS-Spezialisten, Dachdeckern, une Malern entwickelt, nachdem wir ihre spezifischen Bedürfnisse verstanden haben.

Wie seid Ihr auf die Idee zu Eurem Unternehmen gekommen?

Aaron Shon, Gründer & CTO

Aaron: Es gibt keine Branche, die einen grösseren Einfluss auf die Wirtschaft, die Umwelt und das Leben der Menschen ausübt und gleichzeitig so viel Nachholbedarf in der digitalen Transformation hat wie die Bauindustrie. Das bietet enormes Potenzial, aber auch Verantwortung. Mein «Aha-Erlebnis» war, als ich mit den analogen Prozessen der Handwerker in meinem Haus zu kämpfen hatte.

Ferdinand: Vor meinem Studium habe ich selbst als Elektriker auf Baustellen gearbeitet. Das ist nun 10 Jahre her, und in Sachen Digitalisierung hat sich seitdem kaum etwas geändert. Die notwendige Revolution mit vielen kleineren Innovationsschritten steht noch aus. Wir sind der Überzeugung, dass jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Das Bauwesen muss und wird besser werden.

Wie war Eure Erfahrung mit dem Finanzierungsprozess?

Ferdinand: Wir haben vor anderthalb Jahren mit der Unterstützung weniger Business Angels selbst finanziert. Unsere erste externe Finanzierungsrunde ist noch in Vorbereitung für Ende 2024. Bevor wir Risikokapital aufnehmen, wollten wir mehr als nur einen Prototyp zeigen können. Das ist jetzt der Fall, wie unsere Kunden bestätigen. Im Vergleich zu anderen Branchen erwarten wir, dass die Finanzierung leichter sein wird. Der Wandel beginnt gerade erst – das Potenzial und die steigende Geschwindigkeit sollten überzeugende Argumente für Investoren darstellen.

Wie wird die Bauindustrie im Jahr 2025 aussehen?

Ferdinand: Wir werden eine digitale Landschaft im dynamischen Wandel sehen: Zahlreiche Startups spriessen mit vielfältigen Lösungen wie Pilze aus dem Boden, und sie werden unterschiedlich angenommen. Eine Konsolidierung wird unvermeidlich sein. Schauen wir mit Mut ins Jahr 2030: Die Verschmelzung von Einzelösungen mit neuen Software- und Hardware-Innovationen wird einen neuen Standard für die Zusammenarbeit der Branchenakteure setzen. Bauprojekte werden deutlich produktiver sein. Der Fachkräftemangel weniger ein Problem darstellen. Nachhaltigkeitsziele werden messbarer und erreichbarer sein. Die Bauwelt wird insgesamt besser sein, mit verbesserten physischen und mentalen Bedingungen für alle Beteiligten. Wir werden zurückblicken und uns fragen, warum die digitale Transformation so lange gedauert hat – und ob wir sie nichthätten beschleunigen können. Jede Firma, jeder Verband und jede Regierung wird über ihren Beitrag nachdenken müssen. Wenn die Produktivität im Jahr 2030 nur 3 % höher liegt, hätte allein Europa bis dahin täglich enorme Summen eingespart haben können. Ganz zu schweigen von den Umweltressourcen, die rückblickend unnötig durch Baufehler verschwendet wurden.

Welche Rolle spielt oder kann die Digitalisierung in der Bauindustrie spielen?

Aaron: Stellt Euch die frotschreitende Digitalisierung wie einen stetig fliessenden Fluss vor, der in der Bauindustrie ein riesiges Reservoir gebildet hat. Der Rückstand ist im Vergleich zu anderen Branchen enorm, ebenso wie die Chancen. Das ist ein Hauptgrund, warum die Bauproduktivität seit 25 Jahren stagniert, während andere Schlüsselbranchen durchschnittliche Produktivitätssteigerungen von über 40 % verzeichneten. Wir haben gelernt, dass Projektmanager und Arbeiter vor Ort mit unserer Lösung bis zu eine Stunde pro Tag einsparen. Das entspricht einer Produktivitätssteigerung von mehr als 8 % allein mit unseren Basis-Funktionalitäten der App. Die Rolle der Digitalisierung ist n allen Bereichen des Bauwesens unbestreitbar gross. «Predictive analytics», also vorausschauende Lösungen, können die Sicherheit erheblich verbessern, und völlig neue Wege wie Robotik werden bereits in frühen Stadien überzeugen. Bauunternehmen müssen in ihrer Digitalisierungsstrategie den richtigen Ausgleich finden: Bewährte Methoden ausbauen und gleichzeitig offen für Experimente bleiben.

Welche Tendenzen seht Ihr in diesem Zusammenhang?

Ferdinand: Niemand bestreitet den tiefgreifende Wandel, den die Digitalisierung auf die Bauindustrie hat, aber nur sehr wenige Bauarbeiter profitieren tatsächlich davon. Viele Unternehmen und Arbeiter glauben immer noch, dass nichts schneller ist als Stift und Papier oder Telefonate. In gewisser Weise war auch richtig – bis jetzt. Unser Sprachassistent kann traditionelle manuelle Arbeitsmethoden um das Zehnfache beschleunigen. Wir hören auch immer wieder von der Angst, dass ältere Mitarbeiter mit der neuen Technologie nicht zurechtkommen. Doch das ist ein Mythos, der sowohl  benutzerfreundlichen digitalen Lösungen, wie der unseren, als auch den Nutzern fortgeschrittener Altersklassen nicht gerecht wird. Wer von ihnen geht heute noch in ein Reisebüro? Sie buchen ihre Reisen online selbst. Und wer sind die aktivsten Nutzer in Familien-WhatsApp-Gruppen? Das ist die neue Realität.

Wie sieht Eure Vision für die nächsten fünf Jahre aus?

Aaron: Wir wollen alle Beteiligten von Bauprojekten besser miteinander verbinden, um die Produktivität, Nachhaltigkeit und das persönliche Wohlbefinden grundlegend zu steigern. Manuelle Arbeitsschritte von heute optimieren wir durch  Digitalisierung um das Zehnfache. Der Bau wird zu Teamarbeit im grossen Stil.

Was ist Euer nächstes Ziel als Startup?

Ferdinand: Aus Produktsicht werden wir unseren Benetics Sprachassistenten weiter ausbauen, sowohl für alltägliche Handwerkerarbeiten als auch für übergreifende Prozesse wie die Qualitätssicherung und das Mängelmanagement. Geografisch dehnen wir uns in die USA und Kanada aus und wollen dort unsere ersten Entwicklungspartnerschaften sichern. Finanziell ist unser Ziel, langfristig orientierte Investoren zu gewinnen, die uns dabei unterstützen, unsere Angebote auszubauen und unsere Marktreichweite zu vergrössern.

Welche Partner braucht Ihr, um diese Ziele zu erreichen?

Aaron: Für die Weiterentwicklung des Benetics Sprachassistenten suchen wir mittelständische Bauunternehmen in Europa und Nordamerika, die diesen in ihrem Alltag einsetzen und testen. In finanzieller Hinsicht suchen wir Investoren, die unser Potenzial erkennen, teilen und in einer vertrauensvollen Partnerschaft umsetzen wollen.

Welche Investitionen sind für Eure Kunden notwendig, um mit Eurer Lösung zu arbeiten?

Ferdinand: Nichts weiter als etwas Mut, Zeit und die feste Überzeugung, dass die Chancen der Digitalisierung in enger Partnerschaft am besten gehoben werden können. Unsere Lösung ist extrem schnell einsatzbereit und kann sowohl eigenständig als auch in eines bestehenden digitalen Ökosystems verwendet werden. Unsere Preisgestaltung ist einfach, fair und transparent: Kunden zahlen eine monatliche Lizenzgebühr pro Nutzer, nachdem sie unsere Software kostenlos getestet haben.

Was ist Eure Lieblingsgeschichte über das Leben als Startup in der Bauindustrie?

Ferdinand: Die Menschen im Bauwesen haben den Ruf, ziemlich hartgesottene Kerle zu sein, selten Emotionen zu zeigen. Vor ein paar Wochen trafen wir einen unserer Partner, den Geschäftsführer eines Elektrounternehmens mit 150 Mitarbeitern, an einem eher ungewöhnlichen Ort – einer Raststätte in der Nähe von München – um die Beta-Version unseres Sprachassistenten zu zeigen. Wir baten ihn, diese selbst auszuprobieren. Er tat es und konnte seinen Augen und Ohren nicht trauen. Er war buchstäblich zu Tränen gerührt. In diesem Moment wussten wir: Das hat Potenzial.

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